Am 24. Juni ist der industriebaupreis 2020 verliehen worden. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation fand die Preisverleihung nicht als Präsenz-Veranstaltung statt, sondern zum ersten Mal in digitaler Form. Zwei Gewinner und drei Sonderpreise zeichnen Projekte aus, die durch ihr ausgewogenes Zusammenspiel von Gestalt, Funktion, Ökonomie, Konstruktion und Gebäudetechnik vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Verantwortung und ganzheitlichem Denken begeistern.
Kategorie Bauwerk: Chemoform-Headquarter
In der Kategorie Bauwerk ging der industriebaupreis 2020 an das neue Headquarter von Chemoform in Wendlingen am Neckar, das das Büro Kauffmann Theilig und Partner 2019 realisierte. Der Bauherr Chemoform ist Spezialist in Sachen Pflege- und Reinigungsmittel für Pools und Whirlpools. Bei dem Projekt werden die „verschiedenen Gebäudenutzungen entsprechend funktionalen Erfordernissen transparent angeordnet. Darüber hinaus zeigt sich am Äußeren die weitere Nutzungstypologie von Produktion und Verwaltung mit einer bemerkenswerten Klarheit. Ausschlaggebend für dieses Projekt war auch, mit welcher Klarheit und Konsequenz das Gebäude im Inneren entworfen und vor allem sauber konstruiert wurde“, begründete Prof. Dr. Christian Stoy, Universität Stuttgart, Leiter des Instituts für Bauökonomie, in der Laudatio die Entscheidung. Es gelinge dem Bauherrn und seinen Planern, verschiedene Nutzungen funktional und gestalterisch auf herausragendem Niveau miteinander zu denken. Der Komplex wurde zudem als Nullenergie-Gebäude realisiert, das heißt der externe Energiebezug des Gebäudes wird im Jahresmittel mit dem eigenen Energiegewinn aufgewogen.
Kategorie Städtebau: Tech Cluster Zug
In der Kategorie Städtebau hat das Tech Cluster Zug den industriebaupreis 2020 gewonnen. „Über einen dreistufigen Transformationsprozess soll der ehemalige Produktionsstandort in ein Stück lebendige Stadt überführt werden, in der Produktion und Dienstleistungen zu einem natürlichen Teil des Alltags werden. Das Ziel des Projekts ist ein zukunftsfähiges Stück Stadt, das auf engem Raum Produktion, Forschung und Entwicklung, Gewerbe und Wohnen vereint. Der Tech Cluster Zug ist eine gelungene Referenz für eine wichtige Aufgabenstellung unserer Zeit: Der Gestaltung lebendiger Innovationsorte durch Umwandlung isolierter Industrie- und Gewerbestandorte in urbane Wissensquartiere!“, erläuterte Laudator Markus Weismann, Leiter Strategiegruppe Neue Arbeitswelten der Architektenkammer Baden-Württemberg. Als Planer sind Hosoya Schaefer Architects AG für den Bauherrn V-Zug Immobilien tätig.
Sonderpreis in der Kategorie Bauwerk: Heizzentrale Weil am Rhein
Nach Plänen von Frank Trefzer und Leisinger Architektur haben die Stadtwerke Weil am Rhein als Bauherr bei der neuen Heizzentrale mit einfacher und klarer Ästhetik ein architektonisches und städtebauliches Zeichen gesetzt, das eine eigenständige Landmarke darstellt. „Die komplexen technischen Anforderungen der Anlage, die mit hochmoderner Technik ausgestattet ist, wurden geschickt in eine gestalterisch sehr ansprechende Hülle verpackt. Die Verbindung von moderner und nachhaltiger Heiztechnik mit dem ästhetischen Erscheinungsbild ist vorbildhaft und zeigt, dass auch scheinbar komplexe technische Aufgabenstellungen mit hervorragender Architektur vereint werden können“, lobte Juror Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart.
Anerkennung in der Kategorie Bauwerk: TU Chemnitz, Forschungszentrum MAIN
Eine Anerkennung in der Kategorie Bauwerk erhielten Heinle, Wischer und Partner als Planer mit ihrem Bauherrn Freistaat Sachsen, Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Chemnitz, für das Forschungszentrum MAIN an der TU Chemnitz. Dazu sagte Prof. Thomas Brandin, Arbeitsgemeinschaft Industriebau e.V. (AGI): „Die konsequent durchgehaltene Modularität der im Raster von 1,20 m gestalteten weißen Metallelementfassade unterstreicht den hohen Nutzungs- und Qualitätsanspruch an die Komplexität dieses Entwicklungsgebäudes. Damit steht die Architektur im Einklang mit den inneren Querschnittfunktionen von Präzisionslaboren, Büros und tageslichtdurchfluteten „Wissensgärten“ die über zweigeschossig verbundene Aufenthaltsräume ideale Kommunikationsmöglichkeiten bieten.“ So sei es Wissenschaftlern und Architekten gelungen, die besonderen spezifischen Nutzungsanforderungen durch Synergien im Flächenzusammenspiel umzusetzen und in einer aussagekräftigen Industriearchitektur zu vereinen.
Anerkennung in der Kategorie Bauwerk Sonderbau: Wertstoffhof Morgenstelle
In der Kategorie Bauwerk Sonderbau gab es eine weitere Anerkennung. Sie ging an die Planer vautz und mang architekten bda und den Bauherrn Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Tübingen, für den neuen Wertstoffhof der Universität Tübingen im Campus Morgenstelle. „Der Neubau der Werkstoffhalle Morgenstelle ist zukünftig nicht nur Eingangsgebäude zum Campus, sondern gleichzeitig äußerer Abschluss des universitätseigenen Heizkraftwerks und Betriebsareals, das u.a. die Forschungseinrichtungen mit regenerativer Energie versorgt. Geschickt wird die ansteigende Topographie genutzt, unterschiedlich hohe Funktionsbereiche unter den zwei Stahldachkonstruktionen unterzubringen. Ein die außenliegenden Hallenseiten verkleidendes Wetterschutzgewebe erzeugt einerseits die gewünschten städtebaulich wirksamen Körper, andererseits werden – durch das halbtransparente Gewebe – die filigrane Konstruktion sowie die Betriebsabläufe auf spannenden Weise gefiltert erlebbar“, erläuterte Jörg Weinbrenner, Mitglied des Landesvorstands im BDA Landesverband Baden-Württemberg, die Auszeichnung.
Großes Teilnehmerfeld
Insgesamt gab es 121 Einreichungen für den industriebaupreis 2020, davon 101 in der Kategorie Bauwerke (Neubau oder Umbau, realisierte Projekte seit Juni 2017), 6 in der Kategorie Städtebauliche Anlagen und 15 Arbeiten für den Nachwuchspreis. In dieser Kategorie konnte die Jury jedoch nach eingehender Sichtung und Diskussion der Arbeiten keinen Preis vergeben.