Montag, 7. April 2025

Biophiles Atrium: Hauptsitz Blumer Lehmann

Blumer Lehmann gelten als ausgewiesene Experten im Holzbau. Das Schweizer Unternehmen hat sich mit komplexen Konstruktionen einen Namen gemacht und war unter anderem am ikonischen Swatch-Gebäude von Shigeru Ban beteiligt. Jetzt haben sie für sich selbst ein neues Empfangs- und Bürogebäude im schweizerischen Gossau errichtet – „Stammhaus“ genannt. Der Name ist Programm: Der Entwurfsgedanke assoziiert einen Baumstamm, der mittig durchs Gebäude läuft und alle Ebenen trägt.

Bild: Jan Thoma/Blumer-Lehmann AG

Mit ihrem Entwurf setzten K&L Architekten auf Transparenz, schufen viele Blickachsen für die Kommunikation und integrierten ein geschossübergreifendes Atrium mit der namensgebenden Treppenskulptur als zentrales Element für Begegnungen. Herzstück des fünfgeschossigen Büro- und Empfangsgebäudes ist folgerichtig die freigeformte Treppe aus gebogenen Massivholzplatten. Deren Entwurf und Holzbautechnik wurde gemeinsam mit dem Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) der Universität Stuttgart entwickelt. Ihre Gestaltung verbindet computerbasierte Planungsmethoden, digitale Fertigung und handwerkliche Holzbaukunst zu einer architektonischen Synthese.

Innovatives Flächentragwerk mit CLT curved

Blumer Lehmann und das ICD verbinden eine langjährige Zusammenarbeit an verschiedenen Forschungs- und Bauprojekten. Für den Entwurf des Atriums des neuen Hauptsitzes der Firma griffen die Partner auf vorherige Erkenntnisse im Bereich der gekrümmten Brettsperrholzkonstruktionen zurück. Wie schon beim Urbach Turm formten sich die hölzernen Elemente durch den Trocknungsprozess selbst. Die gekrümmten Wandelemente aus kreuzweise verleimten, gebogenen Massivholzplatten übernehmen eine tragende Funktion. Die Umfassungswände des Atriums haben einen Radius von 3 m. Dank ihrer Krümmung erreicht die Struktur eine außergewöhnliche Steifigkeit, die einen Wandaufbau von maximal 130 mm ermöglicht. Die tragende innere Wange der Treppenskulptur ist sogar nur 9 cm dick. Trotz dieser geringen Materialstärke gewährleistet die Struktur die Lastabtragung über fünf Geschosse hinweg und trägt sowohl die Treppenanlage als auch die angrenzenden Geschossdecken und die darüberliegende Dachstruktur. Die Verwendung von gekrümmten Bauteilen mit nur zwei unterschiedlichen Radien trägt zur konstruktiven Effizienz bei.

Computerbasierte Planung

Eine fortschrittliche Software spielt bei diesem Projekt eine zentrale Rolle. Sie ermöglicht es, komplexe geometrische Strukturen effizient zu planen und flexibel auf Änderungen während des Bauprozesses zu reagieren. Die geometrisch anspruchsvoll geformten Platten wurden schließlich mit Holz aus dem Sägewerk des Bauherrn gefertigt. Das CLT curved aus kreuzweise verleimten, gebogenen Massivholzplatten – hergestellt aus Fichte-Rohlamellen aus dem eigenen Holzwerk – wird von Blumer Lehmann derzeit als Produkt für eine internationale Zulassung weiterentwickelt.

Projektteam:
Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD)
Prof. Achim Menges, Martin Alvarez, Laura Kiesewetter, David Stieler, Dr. Dylan Wood,

mit Unterstützung von: Edgar Schefer, Lena Strobel, Alina Turean
Blumer Lehmann AG
Katharina Lehmann, Martin Looser, David Riggenbach, Ursula Frick, Bertie Hipkin, Benedikt Schneider
K&L Architekten AG
Thomas Lehmann, Johanna Deinet
SJB Kempter Fitze AG (Ingenieure)
Stefan Rick

 

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