Zwei Jahre haben die Bauarbeiten am neuen Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) bei InfraServ Wiesbaden gedauert. Nun ging die Anlage in den regulären Vollbetrieb und sichert die Energieversorgung für 75 Unternehmen im Industriepark. Mit einem Investitionsvolumen von rund 90 Mio. Euro war es das bislang größte Investitionsprojekt des Industrieparkbetreibers.
Verdopplung der Kraftwerksleistung für weitgehende Energieautarkie
Der Fremdanteil des im Wiesbadener Industriepark benötigten Stroms lag vor der Modernisierung mit etwa 420 GWh bei rund zwei Dritteln des Gesamtbedarfs. Ab sofort soll diese Kennzahl stark zurückgehen. Ziel ist eine weitgehend autarke Strom- und Energieversorgung im Industriepark, um die wachsenden Anforderungen an Energie-Sicherheit und Stabilität der Versorgungsnetze zu erfüllen. Hierfür sorgt der Ausbau der Stromleistung von zuvor 32 MW auf jetzt 78 MW. Auch die besicherte Dampfleistung des Kraftwerkskomplexes wurde auf mehr als 230 t/h erweitert.
Hocheffiziente Technologie für verbesserten Klimaschutz ohne Kohlestrom
„Die Verdopplung der Kraftwerksleistung ermöglicht, auf den Zukauf von Kohlestrom zu verzichten und damit einen Beitrag zum verbesserten Klimaschutz zu leisten“, freut sich Cornelia Lentge, Geschäftsleiterin der InfraServ-Wiesbaden-Gruppe. „Die weitgehende Energieautarkie gewährleistet ein hohes Maß an Energie-Sicherheit und Netz-Stabilität für unsere Kunden.“
Im Altkraftwerk wurden bislang vier Dampfkessel befeuert, wovon einer das Ende seiner technischen Lebensdauer erreicht hat und nun abgeschaltet wurde. Ein weiterer Kessel aus dem Altbestand ist aus dem Regelbetrieb herausgenommen worden und dient fortan als Kaltreserve für den Fall, dass der Energiebedarf steigen sollte. Zu den verbliebenen zwei Dampfkesseln des Altkraftwerks sind im Rahmen der Modernisierung zwei leistungsstarke Gasturbinen-Kessel-Kombinationen hinzugekommen. Für diese Neukomponenten wurde ein 36 m hohes Kesselhaus als Stahlbaukonstruktion errichtet. Der regionale ISW-Partner ESWE Versorgung führt über eine neue Hochdruckleitung Erdgas an die Gasturbinen des GuD-Kraftwerks heran. An das Kesselhaus ist ein 40 m hoher Kopfbau angegliedert. Darin befindet sich das Herzstück der Gesamtanlage: eine hochmoderne Zentralwarte, von der aus das GuD-Kraftwerk und mittelfristig alle Anlagen zur Ver- und Entsorgung im Industriepark rund um die Uhr im 24/7-Betrieb digital unterstützt gesteuert werden.
Das-Video dokumentiert den zweijährigen Baufortschritt:
Fokus Klimaschutz
Der nach dem Prinzip einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) arbeitende Kraftwerkskomplex erreicht einen durchschnittlichen Energieausnutzungsgrad von über 80 Prozent. Das neue GuD-Kraftwerk gilt nach eigener Aussage als hocheffizient und als anerkannte Brückentechnologie zur nachhaltigen Energieversorgung ohne Kohle und Kernkraft.
Durch den Leistungsausbau des Kraftwerks im Wiesbadener Industriepark wird sich der lokale CO2-Fußabruck zwar vergrößern. Über die gesamte Kette der Energieschöpfung von der Rohstoffgewinnung bis zur energetischen Nutzung soll sich jedoch eine deutlich günstigere Gesamtklimabilanz ergeben. Der Industrieparkbetreiber stellt darüber hinaus weitere Potenziale für verbesserten Klimaschutz bei der Energieversorgung in Aussicht. Als Vision vorgedacht sei bereits, die Gasturbinen in einigen Jahren auch durch die Verbrennung sogenannter „grüner Gase“ anzutreiben. Damit gemeint sind gasförmige Brennstoffe, die nicht mehr auf fossilen Rohstoffen beruhen.
Fotos: InfraServ Wiesbaden